Ich
bekomme immer mehr und mehr den Eindruck, dass nach der anfänglichen
Schockstarre, die PolitikerInnen wieder in ihre alten Muster
zurückfallen und der Zusammenhalt, der sich auch auf die Bevölkerung
ausgewirkt hatte, wieder vollkommen zusammenbricht.
Die
Länder pochen auf ihre Selbstbestimmung und jedes Land kocht mehr
oder weniger ein eigenes Süppchen. Allen voran die Länder, in denen
ein potentieller Kanzlerkandidat an der Macht ist. Das sorgt
natürlich auch sofort wieder in der Gesellschaft für Unruhe und
diejenigen, die die Wirtschaft über alles stellen, werden wieder
ziemlich laut. Mich macht das traurig. Haben wir all die Diskussionen
um das Klima, den Plastik im Meer usw. usf. denn schon wieder
vergessen???? Ein weiter so wird es nicht geben, die nächste Krise
steht doch in Form einer wahrscheinlich neuen Dürre in diesem Sommer
schon wieder vor der Tür.
Ich
meine, die ganzen Probleme, die wir jetzt haben sind doch nicht wegen
Corona da, die hatten wir doch alle auch schon vorher. Corona hat sie
„nur“ unübersehbar gemacht.
Z.B. die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das war doch vorher auch schon
ein Riesenspagat, vor allem für die alleinerziehenen Mütter und
warum? Weil es eben nicht um die Vereinbarkeit von den Bedürfnissen
von Kindern und Müttern und der Wirtschaft ging, sondern einzig und
alleine darum, dass die Mütter möglichst schnell und ohne große
Störungen durch die Kinder wieder arbeiten gehen sollen. Ich
vergleiche die Situation der heutigen Mütter gerne mit den
Milchkühen, auch denen werden die Kälber so schnell wie möglich
weg genommen, damit sie wieder für die Wirtschaft zur Verfügung
stehen.
Oder die
Schulen, als ich meine Ausbildung zur psychologischen Beraterin
gemacht habe, saß uns ein Psychiater einer Kinderklinik gegenüber
und sein erster Satz lautete: Bei uns sind die Kinder wegen Schule,
Schule und nochmal Schule. Das hat mich damals entsetzt. Es ist schon
etwas her, aber es gab mal einen Aritkel in der Zeit, da hat eine
Bundesvorsitzende der Elternbeiräte für einen Schulstreik durch die
Eltern geworben. Diese Zustände sind doch nicht einfach so
verschwunden, ganz abgesehen von den zu großen Klassen, dem
LehrerInnenmangel und den maroden Schulgebäuden. Ich will damit
sagen, wenn wir diese Probleme schon längst gelöst hätten, dann
hätte es vielleicht gar keine Schulschließungen geben müssen.
Gestern
habe ich Anne Will gesehen, da war ein Virologe, Name habe ich
vergessen, der gesagt hat, er bräuchte einen Experten von der
Wirtschaft und dann könnte mann (das ist kein Schreibfehler) anhand
von Rechenmodellen ausrechnen, welcher Weg jetzt der bessere ist und
so Wirtschaft und Gesundheit zusammenbringen. Das mag in der Theorie
ja vielleicht sogar errechenbar sein, aber im realen Leben sind
Wirtschaft und Gesundheit doch nicht auf Augenhöhe, egal um wessen
Gesundheit es geht Menschen, Tiere oder Natur. Das hat die Wirtschaft
doch noch nie interessiert und sie wird es auch weiterhin nicht tun,
wenn wir uns jetzt anfangen darüber zu streiten, ob Läden mit 800m²
aufmachen dürfen oder mit mehr.
Es fiel
auch der Begriff der neuen Normalität versus alter Normalität. Ich
kann da nur den Kopf schütteln. Ganz davon abgesehen, dass seit den
ganzen Gender- und Rassismussdebatten der Begriff „normal“ aus
unserem Sprachgebrauch endlich verschwinden sollte. Wir brauchen
keine neue Normen, sondern gute Ideen, wie wir in Zukunft tatsächlich
so wirtschaften, dass die Gesundheit von Menschen, Tieren und Natur
wirklich nicht gefährdet wird.
In
letzter Zeit muss ich oft an den Spruch denken, den ich aus meiner
Teenagerzeit kenne, ich habe ihn etwas angepasst, aber die
Schlussfolgerung stimmt nach wie vor:
Erst
wenn der letzte Baum krank, der letzte Fluss vertrocknet, die letzte
Tierart ausgestorben ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht
essen kann. (Klopapapier übrigens auch nicht)